Die traditionelle chinesische Medizin ist eine Naturkunde, die sich mit einem ganzheitlichen Anspruch um unser Wohlbefinden bemüht. Die Basis bilden fünf Säulen, von denen wir bereits vier kennengelernt haben. Nach der Akupunktur, der Kräuterkunde, der Diätetik und der Bewegungsformen Qi Gong und Tai Qi sehen wir uns heute die fünfte Säule der TCM an: die Tuina Massage.
Was ist Tuina?
Tuina ist eine chinesische Art der Massagetherapie, bei der sowohl diverse Massagetechniken als auch Bewegungen einbezogen werden. Die Technik soll bereits Jahrtausende vor Christus zum Einsatz gekommen sein. Im Laufe der folgenden Jahren wurde Tuina kontinuierlich weiterentwickelt bis sie zu Zeiten der Tang-Dynastie schließlich verschriftlicht wurde. Da sie nun einen festen Bestandteil der TCM darstellte, wurde die Therapie schließlich immer weiter perfektioniert. Heute ist sie aus dem Repertoire der Naturkunde nicht wegzudenken.
Anders als bei vielen herkömmlichen Massageritualen geht es bei Tuina nicht rein um die Entspannung, sondern vor allem darum, unser Wohlbefinden ganzheitlich zu unterstützen. Hierzu wird der gesamte Körper bei der Anwendung eingeschlossen. Grob gesagt zielt diese Art der Massage, die auch als energetische Massage bekannt ist und häufig als „Akupunktur ohne Nadeln“ beschreiben wird, auf den Fluss des Qi ab. Durch gezielte Bewegungen und die Stimulation von Energiepunkten sollen Blockaden gelöst, unsere Lebensenergie in Fluss gebracht und Yin und Yang reguliert werden. Das Ergebnis: Körper und Seele sind im Einklang, unser Qi fließt und unser Körper kommt in Schwung.
Wann wird Tuina angewendet?
Zu den Kernbereichen der Tuina Massage zählt beispielsweise die Orthopädie. Bei jeglichem Ziehen und Zacken im Körper ist die tiefgehende Therapie eine gute Wahl. Gleiches gilt für das temporäre Kneifen nach ausgiebigen Sporteinheiten, auch bekannt als Muskelkater. Den zweiten Hauptanwendungsbereich stellen Ungleichgewichte im vegetativen Nervensystem dar. Darüber hinaus wird Tuina auch bei verrücktspielenden Hormonen und bei schwächelnden Abwehrkräften angewendet.
Geeignet ist Tuina grundsätzlich für alle Menschen; auch für Kinder, wobei dort eine spezielle Form der Therapie zum Einsatz kommt. In manchen Fällen ist von der Behandlung jedoch abzuraten. Zu diesen zählen chronische Schmerzen, Infektionen, diverse Krankheiten, Schwangerschaft und Stillzeit sowie Verletzungen. Falls Sie sich unsicher sind, ob die Methode für Sie geeignet ist, fragen Sie am besten einen Experten um Rat. Von einer Durchführung in Eigenregie würden wir Ihnen in diesem Fall abraten.
Welche Techniken kommen bei Tuina zum Einsatz?
Bevor eine Tuina Massage stattfindet oder empfohlen wird, findet eine umfassende Diagnose statt. Diese stellt die Eignung und Notwendigkeit der Therapie fest. Hierbei setzt der Experte typische Methoden der TCM wie die Zungen- und Pulsdiagnose sowie klassische Diagnoseverfahren ein. Sind Beschwerden und Ursachen geklärt, folgt die Behandlung eines Körperteils oder mehrerer Körperteile. Wie dabei vorgegangen wird, verrät der Name der Therapie: Tuina anmo setzt sich zusammen aus den Wortbestandteilen tui, na, an und mo. Diese Silben stehen für schieben, greifen, drücken und streichen. Und genau diese Tätigkeiten sind es, die bei der chinesischen Massagetherapie zum Einsatz kommen. So werden beispielsweise Akupunkturpunkte gepresst, entlang der Meridianverläufe gestrichen und die Muskeln gedehnt.
Je nach Ursache und Beschwerde wird entweder der Energiepunkt mithilfe einer Druckbehandlung aktiviert oder die Energiebänder mithilfe von Fernpunkten aktiviert. Als solche bezeichnet man Punkte, die vom Beschwerdepunkt zwar weit entfernt sind; mit diesem jedoch durch eine Energielaufbahn verbunden sind. Durchgeführt werden die Techniken nicht etwa mit speziellen Werkzeugen, sondern mit dem wertvollsten Werkzeug des Menschen – seinen Händen. Insgesamt 18 Grundgriffe und über 300 Einzelgriffe können wir mithilfe unserer Hände durchführen. Zugegeben: Ohne ein gewisses Vorwissen, werden wir durchaus unsere Schwierigkeiten haben, jeden einzelnen dieser Griffe nachzuahmen. Doch den ein oder anderen Griff können wir durchaus auch in Eigenregie ausführen. Hierzu später mehr!
Unterschieden werden die Tuina Griffe nach ihrer Wirkung. Während die einen ableitende Effekte haben und so die Ausleitung von Stoffwechselendprodukten unterstützen, dienen die anderen der Energetisierung des Körpers. Letztere werden mit schnellen, kräftigen Griffen ausgeführt; bei der Ausleitung kommen sanfte, streichende Bewegungen zum Einsatz. Um den Effekt der Tuina animo Therapie zu verstärken, wird die Massage meist mit weiteren Behandlungsmethoden kombiniert. So folgt auf die Massage häufig eine leichte Bewegungseinheit entsprechend der Säulen der TCM. Alternativ können auch wohltuende Kräutertees gereicht werden.
Den Abschluss der Anwendung bildet ein aufklärendes Gespräch zwischen dem Experten und dem Behandelten. Dabei werden die Emotionen, die bei der Behandlung vernommen wurden, geklärt und gegebenenfalls die Weichen für weitere Behandlungen gestellt. Je nach dem wie viele Bereiche des Körpers bearbeitet wurden, dauert eine Tuina Behandlung von 20 Minuten bis zu einer Stunde. Wichtig zu wissen: Auch wenn Tuina eine Massage ist, geht es keinesfalls nur entspannend zu. Bevor der Körper das Rollen, Kneten und Ziehen genießen kann, muss er das Lösen der Blockaden überstehen. Und das kann durchaus schmerzhaft sein. Doch schon kurz nach der Anwendung, werden Sie überzeugt sein: Die Mühe lohnt sich!
Tuina für zu Hause
Wie bereits angedeutet, eignet sich Tuina auch für die Durchführung im Eigenheim. So können Sie die beeindruckende Technik kennenlernen und gleich das ein oder andere Wehwehchen ausbalancieren. Bevor Sie mit der Selbstmassage beginnen, sollten Sie in Ihrem Zuhause für eine angenehme Atmosphäre sorgen. Füllen Sie den Raum mit angenehmen Düften, regulieren Sie die Temperatur auf eine wohlige Wärme, entfernen Sie jegliche irritierenden Gegenstände und Objekte. Stellen Sie sicher, dass Sie über eine Fläche verfügen, auf der bequem gelegen werden kann und statten Sie diese mit weichen Tüchern aus. Um Verletzungen vorzubeugen sollte der Praktizierende seine Fingernägel kürzen. Zu guter Letzt sollten Sie sich nochmals sicher sein, dass Sie ein ausreichendes Zeitfenster eingeplant haben. Unterbrechungen mindern nicht nur den Effekt der Anwendung, sondern drohen außerdem ein Gefühl von Unzufriedenheit zu hinterlassen.
Für geschmeidige Füße
So schön lange Spaziergänge auch sind: Unseren Füßen machen die Ausflüge ganz schön zu schaffen. Nach den kilometerlangen Strapazen haben sie sich eine kleine Entspannungseinheit verdient, oder? Schnappen Sie sich am besten direkt einen Masseur / eine Masseurin Ihrer Wahl und gehen Sie auf die Suche nach dem Energiepunkt in Ihrer Fußsohle. Einen solchen finden Sie in der Mitte zwischen dem Ballen des kleinen und großen Zehen. Pressen Sie diesen Punkten mit dem Knochen Ihres Mittelfingers mehrere Male für einige Sekunden.
Zur Entspannung der Augen
Personen, die im Büro arbeiten, können ein Lied davon singen. Nach acht Stunden in den Bildschirm starren sind die Augen fast noch erschöpfter als der Geist es ist. Im schlimmsten Fall empfinden wir ein Brennen und ein Jucken oder können nicht mehr scharf sehen. Um die Augen zu entspannen, können diverse Tuina Techniken angewendet werden. Eine Idee ist es, die Pupillen bei geschlossenen Augen im Uhrzeigersinn kreisen zu lassen. Eine andere Möglichkeit ist es, die Augen mithilfe der eigenen Handflächen zu wärmen. Hierfür werden die Hände zunächst aneinander gerieben, dabei erwärmt und anschließend sanft auf die geschlossenen Augen gelegt.
Die innere Mitte stärken
Die traditionelle chinesische Medizin geht davon aus, dass unser Wohlbefinden von der inneren Mitte ausgeht. Oberstes Ziel der Bemühungen der Naturkunde ist es deshalb, diese zu stärken. Auch im Tuina Repertoire findet sich hierzu die ein oder andere Übung. Wohltuend kann es beispielsweise sein, die Hüften oder die Knie zu kreisen. Eine andere Möglichkeit ist das Kreisen um den Nabel. Hierzu werden zunächst die Handflächen aneinander gerieben und diese anschließend kreisend um den Bauchnabel bewegt. So entsteht ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit.
Den Druck aus dem Nacken nehmen
Taschen und Einkäufe tragen, im Büro und im Bus sitzen… all diese Alltagsgewohnheiten sind alles andere als erfreulich für unseren Nacken. Er zählt zu den Bereichen, der am häufigsten verspannt ist und deshalb eine kleine, aber feine Lockerung verdient hat. Gemäß der Tuina Selbstbehandlung eignen sich hierfür bereits ganz einfache Übungen, wie die des Schulterziehens. Heben Sie Ihre Schulterpartie aktiv an und lassen Sie diese anschließend wieder fallen. Die Bewegung wird etwa zehn Mal wiederholt. Um gezielt den Nacken zu behandeln, kann dieser nach links und rechts gedreht werden. Dabei wird die Nackenmuskulatur mithilfe der Hände massiert.
Wellness fürs Köpfchen
Wenn der Kopf Ihnen zu schaffen macht, können Sie in entweder in den Sand stecken – oder ihn mithilfe einer kleinen Tuina Einheit von den Beschwerden befreien. Setzen Sie sich hierfür ganz bequem auf einen weichen Stuhl. Nun atmen Sie einmal tief durch, um Ihre Lungen mit frischer Luft zu füllen. Anschließend legen sie Zeige- und Mittelfinger zwei Fingerbreit über Ihren Ohren auf den Kopf. Üben Sie an den Kuppen nun in kreisenden Bewegungen leichten Druck aus. Diese Prozedur wiederholen Sie nun einige Male.
Vorsicht vor Überlastung!
Sie haben nun den ein oder anderen Energiepunkt aktiviert und sind auf den Geschmack gekommen. Der Gedanke, diesen nun bis aufs äußerste zu bearbeiten, klingt verlockend. Leider ist dieses Vorgehen alles andere als eine gute Idee. Werden die Energiepunkte zu stark belastet, so droht eine Überforderung und somit eine Verschlechterung des Energieflusses. Achten Sie deshalb unbedingt darauf, die Massage nicht zu übertreiben und sprechen Sie die Durchführung im Zweifel immer mit einem Experten ab. Insofern Sie sich gleich für eine Behandlung bei Ihrem Heilpraktiker entscheiden, sollten Sie außerdem davon absehen, dessen Vorgehen zu Hause nachzumachen. Auch in diesem Fall droht eine Überlastung der Energiepunkte.
Und danach?
Um den entspannenden Effekt nicht gleich wieder zunichte zu machen, sollten Sie nach der Anwendung keinesfalls wieder mit Vollgas in Ihren Alltag springen. Nehmen Sie sich lieber einen Moment für sich, den Sie mit einem guten Buch, schönen Klängen und wohlriechenden Düften genießen. Wir genießen in diesen Augenblicken am liebsten wärmende Kräutertees aus Kräutern und Blättern, Früchten und Pilzen oder Wurzeln und Rinden. Oder wir mixen uns mit unseren liebsten Adaptogenen eine wohltuende Moon Milk, die uns beim Runterkommen und Abschalten unterstützt. Zur Zubereitung des ayurvedischen Milchgetränks eignen sich beispielsweise Reishi Pulver, Ashwagandha Pulver und auch Tulsi Pulver ganz hervorragend. Fehlen nur noch aromatische Gewürze wieCeylon Zimt oder roher Kakao und schon steht einem glorreichen Abschluss des Entspannungsrituals nichts mehr im Wege!
Wir wünschen Ihnen eine ruhige Zeit.
Ihr Terra Elements Team
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