An manchen Tagen läuft unser Gehirn zu Höchstleistungen auf – an anderen scheinen unsere grauen Zellen in den Tiefschlaf verfallen zu sein. Leider fallen diese Momente häufig auf Tage, an denen unser Denkvermögen eigentlich gefragt wäre. Was wir dagegen tun können? Die TCM hätte da eine Idee: Unsere grauen Zellen mit sogenanntem Brain Food aufwecken. Was wir uns darunter vorstellen können und welche Lebensmittel zu dieser Kategorie zählen, verrät uns TCM Expertin Johanna Stoll im Interview.
Warum der Geist hin und wieder müde ist
Ob in der Arbeit oder in der Familie: Im Alltag müssen wir funktionieren. Einen Teil der Arbeit leisten unsere Gliedmaßen, indem sie uns tragen und unsere Aktionen ausführen. Einen anderen vollbringt unser Organismus, der dafür sorgt, dass wir existieren können. Zur Koordination beider Bereiche benötigen wir unser Köpflein. In diesem rattern all die vielen Gedanken, die uns unsere Umwelt verarbeiten lassen. Damit wir all die Herausforderungen in unserem Alltag perfekt meistern können, müsste unser Denkvermögen eigentlich zu jeder Zeit perfekt funktionieren. Hin und wieder will dieser Plan jedoch nicht so ganz aufgehen: Wir fühlen uns ausgelaugt, müde und unkonzentriert.
Für Johanna Stoll kann dieser Gemütszustand verschiedene Gründe haben. Die Grundvoraussetzungen seien hingegen eine klare Sache: „Ein mit Energie und Nährstoffen gut versorgtes Gehirn ist die Basis für eine rege Synapsentätigkeit beim Denken und Lernen. Eine gute Haltung durch Yoga oder auch Akupunktur dient dem Energiefluss und der Durchblutung von Kopf und Gehirn. Die Taoistische Medizin, der Ursprung der TCM, kennt sogenannte Energie-Pumpen. Eine davon ist an unserem Hinterkopf, dem Okziput. Schauen wir oft nach unten, wie beim Blick auf das Smartphone, wird diese unterversorgt. Deshalb mein Tipp: Immer wieder sehen, was auf Augenhöhe vor sich geht. Oder über Akupunktur unterstützen lassen.“
Um unser Denkvermögen auf Trab zu halten, betont unsere Expertin außerdem die Bedeutung von Lebensmitteln und einer „Ernährung, die unseren Geist und unser Gehirn nährt“. Lebensmittel, die solch einen Speiseplan dominieren, haben sich im Volksmund als Brain Food etabliert.
Was sind Brainfoods?
Der Name Brain Food lässt bereits vermuten, dass die Ernährung in einem engen Zusammenhalt mit unserem Denkvermögen steht. Wie wir uns den Zusammenhang vorstellen können? „Aus Sicht der TCM findet in unserem Körper ein komplexer Kreislauf von Qi-Flüssen (Energieflüssen) statt. Aus Nahrung (Gu-Qi) wird mit Hilfe von Milz- und Nieren-Qi, das Herz-Qi. Unter Hinzufügung von Shen wird dieses wiederum zu Herz-Xue, einem wichtigen Speichermedium für das Erinnerungsvermögen“ erklärt uns Johanna Stoll. Damit diese Flüsse optimal fließen, benötigen sie jede Menge Antriebskraft – oder vereinfacht gesagt: hochwertige Nahrungsmittel.
„Wichtig ist, dass ausreichend Energie zur Verfügung gestellt wird, um die Abläufe im Körper auszuführen. Ob für Bewegung, Verdauung oder Denkprozesse: Es kommt darauf an, was der Körper als Ausgangsbasis für Energie zur Verfügung gestellt bekommt und wie er dieses umwandeln kann. Lebensmittel werden nicht umsonst als Mittel zum Leben bezeichnet“, so unsere Expertin. Hochwertige Nahrung erachtet Johanna Stoll als Basis für einen optimalen Energiefluss. Doch diese allein reicht noch nicht aus: „Wir brauchen noch die Kraft um diese in Energie umzuwandeln. Zum Aufbau der Mitte, die wir hierfür benötigen, kann die TCM eine gute Unterstützung sein.“
Brainfoods in der TCM
In der TCM spielen Brainfoods eine wichtige Rolle, da sie positive Auswirkungen auf das Jing haben können: „In der TCM ist das Jing verantwortlich für das Gehirn. Es wird genährt durch Walnüsse und Walnuss-Öl, Sesamöl, Sonnenblumenöl und Weizenkeimöl, aber auch Butter und Knochenmark“, erklärt unsere Expertin. Warum gerade Walnüsse? „Walnüsse erinnern optisch an das Gehirn. In der Signaturenlehre sind sie deshalb dem Gehirn zugeordnet. Dort heißt es, Ähnliches unterstützt Ähnliches. Sie sind eines der nachhaltigsten Stärkungsmittel für das Jing, die Urkraft in der TCM. Dieses Jing brauchen wir für alle Prozesse und Funktionen im Körper. Darunter auch den Denkvermögen. Durch ausreichend Schlaf, hochwertige Nahrung und Stressreduktion sorgen wir dafür, es zu pflegen“, weiß Johanna Stoll.
Doch keine Sorge, wir müssen uns nun nicht ausschließlich von Walnüssen ernähren! „Neben der Walnuss, gibt es noch viele andere hochwertige Öle und Nüsse für unser Jing. Diese Nüsse und Samen nehmen einen hohen Stellenwert in der veganen Ernährung ein. Sie sind ein hochkonzentriertes Depot an essentiellen Ölen“, verrät uns die TCM-Expertin. Brainfoods aus Sicht der TCM sind laut Johanna Stoll daher „Nahrungsmittel, die viel hochwertiges natürliches Öl enthalten, wie Nüsse und Samen. Gute Fette sind das wichtige Stichwort, das zum Glück immer mehr ins Interesse der modernen Ernährung rückt. Sesamöl wird in der TCM sehr hoch geschätzt; aber auch Olivenöl, Leinöl und Moringa Öl rücken in den Fokus der Ernährungswissenschaft an wertvollen Ölen“.
Neben guten Fetten verrät uns Johanna Stoll weitere Lebensmittel, die in der TCM als Brain Food durchgehen: „Lebensmittel, die den Körper darin unterstützen, Blutreserven aufzubauen. Nach dem komplexen Qi-Zyklus der TCM gehören in diesen Kreislauf Milz, Herz und Nieren. Ausreichend Blut, das dem Herz zur Verfügung steht, fungiert wie ein Speichermedium im Computer. Im Englischen sagt man Learning by Heart. Das sehen die Chinesen ähnlich. Sie meinen, dass wir uns wichtige Dinge im Herzen „merken“. Ist ausreichend Herzblut vorhanden, fällt uns das Lernen leicht.“
Apropos Lernen: Um die geistige Leistungsfähigkeit anzuregen, ist sowohl auf Schreibtischen in diversen Büros als auch bei Schülern eine bestimmte Snackmischung besonders häufig zu finden – das Studentenfutter. Ob dieses aus Sicht der TCM auch das Zeug zum Brainfood hat? Unsere Expertin würde dem klar zustimmen.
Studentenfutter aus Sicht der TCM
Dass die Nuss-Frucht-Mischung, die sich im Volksmund als Studentenfutter einen Namen gemacht hat, auch in der TCM als Brainfood durchgeht, resultiert laut Johanna Stoll von dem Zusammenhang zwischen dem Lernen und der Milz: „In der TCM spielt die Milz und das Milz-Qi eine große Rolle. Es ist dafür zuständig, dass wir alles verdauen können, was wir zu uns nehmen. Dazu gehören Nahrung und Getränke, aber auch „geistige Nahrung“, also all das, was wir lernen, lesen, hören; alle Informationen, die wir verarbeiten müssen.
Lernen ist also eine große Herausforderung für die Milz. Die Milz und der Magen gehören nach den 5 Elementen der Chinesischen Medizin zum Element Erde. Und zur Erde gehört der Geschmack des Süßen. Das bedeutet: Wenn wir Lust auf Süßes haben, braucht unsere innere Erde, unsere Mitte, unsere Milz, Unterstützung. Die bekommen wir im Studentenfutter durch den Fruchtzucker in den Rosinen. Auch die Haselnüsse tonisieren die Mitte und unterstützen somit die Milz und unser Lern- und Verarbeitungsvermögen.
Verspüren wir Lust auf Süßes, ist das somit absolut kein Grund, sich zu verurteilen oder zu kasteien. Am besten ist es in diesem Fall, sich nach gesunden süßen Quellen umzuschauen. Kokosblütenzucker, Honigwaffeln, dunkle Schokolade und Maulbeeren sind zum Beispiel gute Alternativen. Von weißem Zucker sollten Sie sich jedoch stets fernhalten! Trotz seiner Süße schwächt dieser die Milz zusätzlich.“ In diesem Punkt sind wir mit Johanna Stoll ganz einer Meinung: Auch für uns ist raffinierter Zucker Tabu. Dank der vielen leckeren, gesunden Alternativen in biologischer Rohkostqualität ist es praktischerweise gar kein Problem, diesen aus unserem Speiseplan zu verbannen.
Gesunde Süße sollen wir jedoch wiederum durchaus hin und wieder in unseren Ernährungsalltag einbauen. Wie wir von Johanna Stoll erfahren, braucht nicht nur unsere Milz, sondern „auch das Gehirn schnelle Energie in Form von „Zucker“. Daher hat man früher Traubenzucker vor oder während der Prüfung genommen. Heute gibt es gesündere und langanhaltendere Möglichkeiten, das Denkvermögen über die Nahrung zu unterstützen.“
Ein Speiseplan für Brainfoods
Wir haben nun jede Menge Lebensmittel kennengelernt, die gemäß der TCM in Zusammenhang mit unserem Denkvermögen stehen. Um diese bestmöglich nutzen zu können, stellt sich für uns nur noch die Frage, wie wir diese zu uns nehmen. Auch hierfür hat Johanna Stoll eine Antwort – oder besser gesagt zwei.
Wann nehmen wir Brainfoods zu uns?
Johanna Stoll: „In der Chinesischen Medizin gibt es die Organuhr. Diese besagt, dass im Laufe eines 24-h-Rhythmus jeweils 2 Stunden für ein bestimmtes Organ Qi zur Verfügung stehen. Für den Magen ist die Zeit von 7 bis 9 Uhr und für die Milz von 9 bis 11 Uhr vormittags. Es ist also ideal in der Zeit von 7 bis 9 Uhr ein (warmes) Frühstück zu sich zu nehmen. Und dem Körper die Gelegenheit zu geben, dieses von 9 bis 11 zu verdauen. Ein 2. Frühstück vor 11 Uhr ist ebenso zweckdienlich für die Mitte. In dieser Zeit wird Nahrung am besten in Energie umgewandelt, die uns dann zur Verfügung steht.
Der Spruch: „Frühstücken wie eine Kaiserin oder wie ein Kaiser“ birgt aus Sicht der TCM also immer noch viel Wahrheit. Auch die Idee des Mittagessens wie ein König / eine Königin und Abendessen wie ein Pilger / eine Pilgerin, sagt viel aus. Die regelmäßige, warme Nahrungsaufnahme über den Tag verteilt kann unsere Mitte genauso sehr unterstützen, wie ein Zuviel des Guten sie am Abend belastet.“
Wie nehmen wir Brainfoods zu uns?
Johanna Stoll: „Die TCM legt großen Wert darauf, Nahrung zu erwärmen. Das heißt nicht, dass wir alles tot kochen sollen, sondern ganz einfach ein bisschen Energie des Feuers, also der Wärme, hineinzubringen. Das Müsli am Morgen also bitte nicht mit eiskalten Produkten aus dem Kühlschrank zubereiten, sondern warmes Wasser darüber geben. Unsere Mitte liebt es, wenn Nahrung schon so warm im Bauch ankommt, wie die innere Körpertemperatur ist, also zwischen 36,3 und 37,4 °C. Ist das Essen sehr kalt, braucht der Körper zuerst viel Energie, um es zu erwärmen, bevor er überhaupt mit der Verdauung beginnen kann. Wir merken das daran, dass wir eventuell müde werden, wenn wir etwas Kaltes aus dem Kühlschrank essen. Kalte Nahrung schwächt auch zusätzlich die Milz in ihrer Funktion, uns über den ganzen Tagesablauf Energie zur Verfügung zu stellen. Die Milz liebt die Wärme, denn Wärme ist Energie. Was die Milz außerdem liebt, ist Amaranth, Hirse und Quinoa und Kürbis.
Um unseren Alltag optimal auf unser Denkvermögen abzustimmen, gibt uns Johanna Stoll zum Abschluss tolle Tipps mit auf den Weg:
Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung: „Mit einer ausgewogenen Ernährung mit wenig belasteten Nahrungsmitteln ist dem Organismus grundsätzlich gedient. Das wirkt sich auch aufs Gehirn aus. Wichtig sind die hochwertigen ungesättigten Öle, sowohl die klassischen als auch, neu für unseren Kulturkreis hinzukommend, das Moringa Öl.
Stärken Sie Ihre Mitte: „Nüsse sind sehr gehirnfreundlich. Natürlich müssen Sie selbst vorsichtig testen, welche Sie vertragen. Manchmal ist es notwendig, eine strapazierte Mitte erst aufzubauen, bevor Sie Nahrungsmittel, die Ihnen eigentlich guttun, vertragen. Sollten Sie eine Schwäche Ihres Milz-Qi feststellen und langfristig behandeln wollen, sollten die Ursachen ergründet werden. Hierzu empfehlen ich die Anamnese und Diagnose nach der TCM. Im Rahmen einer Puls- und Zungendiagnose wird der genaue Ist-Zustand erfasst und dann gezielt Maßnahmen zur Verbesserung eingeleitet, zum Beispiel durch Urtinkturen. Diese können dem Aufnehmen und Behalten von Lerninhalten sehr nützlich sein.“
Sorgen Sie für Wärme in Ihrem Leben – sowohl im Teller als auch im Herzen: „In der Chinesischen Medizin ist Essen und körperliche Liebe sehr verbunden. Unsere Freude am Essen steht für Lebenslust. Denn „Liebe geht durch den Magen“. Deshalb ist Wärme in Form von Liebe wichtig. So ist auch ein liebevolles Zubereiten und Zu-sich-nehmen der Speisen von großer Bedeutung. Auch ob wir die Speise zelebrieren, selbst wenn wir allein sind, oder einfach neben dem Computer in uns hineinlöffeln, ist entscheidend. Ebenso ob wir entspannte und liebevolle oder schwierige Gespräche führen und schlechte Nachrichten hören.“
Und zu guter Letzt: „Vor dem Lernen und vor dem Schlafen nicht zu viel essen.“
Unsere Expertin
Schon seit ihrem 16. Lebensjahr interessiert sich Johanna Stoll für alternative Medizin. Nach der Ausbildung an einer Münchner Heilpraktikerschule war sie zunächst bei der sozial-medizinischen Hilfsorganisation medico international tätig, bevor sie sich an der Shou Zhong Schule Berlin, der AGTCM, in der TCM weiterbildete. Über 20 Jahren arbeitet Johanna Stoll nun bereits nach der chinesischen Lehre; seit 15 Jahren selbständig in ihrer eigenen Praxis, seit 2 Jahren in München.
Was sie an der Naturkunde begeistert? Für Johanna Stoll gibt es hiervon vieles: „Erstens ist es das Erkennen von Ursachen durch ein hervorragendes System zur Früherkennung. Zweitens werden erkannte Ursachen gezielt behandelt und nicht nur die Symptome unterdrückt. Die Ursachen werden Schritt für Schritt, also nachhaltig, beseitig. So kommen die Symptome gar nicht mehr oder nur sehr abgeschwächt wieder. Drittens spricht jedes Symptom eine eindeutige Sprache. Unwohlsein und andere Beschwerden sind Botschaften aus der Seele. Überhören wir sie, so können sie schlimmer werden. Wenden wir uns ihnen zu, so erfahren wir ein Gefühl von Erleichterung“.
In diesem Sinne: Ran an die Bücher – man lernt schließlich nie aus.
Vielen Dank, liebe Johanna, für die vielen Tipps und Hintergrundinformationen zu einer Ernährung, die aus Sicht der TCM auch unserem Denkvermögen schmeckt.
Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Schmökern!
Ihr Terra Elements Team