
Auf dem Weg zu körperlichem Wohlbefinden ist die Nahrung, die wir zu uns nehmen, nicht das Einzige, auf das wir achten sollten. Hand in Hand mit der Ernährung, geht die Bewegung. Während man im Ayurveda auf Yoga setzt, werden in der TCM Qi Gong und Tai Chi praktiziert. Was sich dahinter verbirgt? Lernen Sie die traditionellen chinesischen Bewegungsformen kennen!
Bewegung in der TCM
Mit dem Ziel, die Gegensätze im Leben in Balance zu bringen, setzt die TCM auf fünf Säulen. Von der Kräuterkunde haben wir Ihnen bereits einige Details verraten. Auch die TCM-Ernährung haben wir uns bereits angesehen. Heute wollen wir uns einer weiteren Säule der Naturkunde widmen: der Bewegung.
Wenn im Volksmund von Bewegung gesprochen wird, geht es häufig um Auspowern, die eigenen Grenzen ausreizen, die körperliche Fitness verbessern. In der TCM hingegen zielt die Bewegung auf einen Ausgleich von Yin und Yang, den optimalen Fluss der Lebensenergie Qi ab. Anstelle von intensiven stehen fließende Bewegungen, im Fokus steht weniger die körperliche Betätigung als Entspannung und Meditation.
Zu den bekanntesten Bewegungsformen in der TCM zählen Qi Gong und Tai Chi. Praktiziert werden diese sowohl in spezialisierten TCM-Zentren als auch in vielen Stadtparks in Deutschland. Vor allem in den Morgenstunden sind die Übungen sehr beliebt, da sie uns entspannt und bewusst in den neuen Tag starten lassen. Da beide Techniken große Ähnlichkeiten aufweisen, mögen sie für Laien optisch kaum unterscheidbar sein. Auf den zweiten Blick jedoch, sind deutliche Unterschiede erkennbar.
Gi Gong (deutsch Chigong)
Qi Gong ist die wohl bekannteste Bewegungsform aus der traditionellen chinesischen Medizin. Ihre Geschichte geht bis ins vierte Jahrhundert vor Christus zurück, als begonnen wurde, Übungen zur Meditation und Konzentration zu praktizieren. Einige Jahrhunderte später, etwa 300 nach Christus, zu Zeiten der Zhou-Dynastie, wurde auf deren Basis schließlich die Bewegungsform entwickelt, die wir heute als Qi Gong kennen. Zunächst vor allem von Spezialisten in China praktiziert, erlebte die Praxis Mitte des 20. Jahrhunderts ihren internationalen Durchbruch.
Der Begriff setzt sich aus Qi und Gong zusammen. Qi steht für Energie, Gong für Arbeit – somit könnten wir im Deutschen eigentlich auch „Energie Arbeit“ oder „Arbeit mit Energie“ dazu sagen. Ob wir das einfach so tun dürfen? Klar! Schließlich ist der Begriff nicht in den Stein gemeißelt. Zunächst war die Bewegungsform als Dao Yin oder als An Qiao bekannt. Während der erste für Leiten und Dehnen steht, versteht man unter dem zweiten Begriff Massage und Hochheben. Auch wenn sich Qi Gong durchgesetzt hat: Passend wäre eigentlich alle drei Namen. Denn genau um diese Bereiche drehen sich die Übungen in der TCM-Bewegungsform.
Die Übungen im Qi Gong
Die Übungen beim Qi Gong können wir grob in drei Bereiche einteilen: Jing Gong, Dong Gong und Jing Dong Gong. Die Bewegungen werden danach unterschieden, ob sie in Stille oder Dynamik ausgeführt werden. Ob sitzend oder stehend, liegend oder gehend: Das Repertoire ist wahnsinnig vielfältig. Um die Technik perfekt auszuführen, muss nicht nur die Bewegung selbst beachtet werden. Mindestens genauso wichtig sind die Körperhaltung sowie die korrekte Atmung.
Viele der Übungen sind an die Natur angelehnt, wie beispielsweise die Imitation von Tieren. Dies ist beispielsweise beim System der „heilenden Laute“ der Fall. Diese Übungsfolge wird häufig als Qi Gong für die inneren Organe beschrieben. Ein weiteres System, das Tiere ins Zentrum der Bewegungen stellt, nennt sich „Spiels der fünf Tiere“. Praktizierende ahmen dabei Bewegungen von fünf Tieren nach, die die 5 Elemente der TCM repräsentieren: der Affe steht für Wasser; der Kranich für Metall; der Bär für die Erde; der Tiger für Holz und der Hirsch für Feuer.
Weniger von Tieren, aber ebenso von der Natur inspiriert, sind die sogenannten „acht Brokate“. Das System zählt weltweit zu den bekanntesten und wird bereits seit langer Zeit ausgeübt. Der Legende nach geht es auf einen chinesischen General zurück. Er wollte mit diesen acht Übungen seine Soldaten stärken. Heute jedoch verfolgen praktizierende mit den Sequenzen ganz andere Ziele.
Ziele des Qi Gong
Wie bereits angedeutet, dreht sich nahezu jede Maßnahme in der TCM um das Qi. Ein optimaler Fluss der Lebensenergie ist das oberste Ziel der Naturkunde. Dies gilt auch für die Bewegung. Im Unterschied zu den vier anderen Säulen, ist der Ausübende für den Erfolg ganz alleine verantwortlich. Der Lehrer kann zwar Anweisungen geben, doch wie intensiv diese ausgeführt werden, entscheiden wir ganz individuell. Qi Gong wird deshalb häufig auch als inneres Therapiesystem der TCM beschrieben.
Welche Effekte damit angestrebt werden? Zusammenfassend ist die Harmonie der drei Kostbarkeiten, Körper, Seele und Geist, das oberste Ziel. Wie wir nun bereits des Öfteren betont haben, steht hierfür der Fluss des Qi an erster Stelle. Doch das ist noch lange noch nicht alles. Auch an der Elastizität in unserem Körper, der Entspannung unseres Organismus sowie dem Training unserer Körperhaltung wird gearbeitet. Der Körper soll insgesamt gestärkt, die Meridiane befreit und der Geist beruhigt werden.
Wenn wir uns die Ziele de Qi Gong genauer ansehen, fällt auf: Die Bewegungskunst tangiert genau diese Bereichen, die wir im Alltagsstress häufig aus den Augen verlieren. Wann haben wir uns das letzte Mal Zeit für eine Meditation genommen? Welchen Stellenwert nimmt die Entspannung in unserem Tagesablauf ein? Wie oft krümmen wir uns an unserem Arbeitsplatz, ohne die Folgen für unseren Rücken zu bedenken? Mit Qi Gong arbeiten wir an all diesen Bereichen quasi drei in eins.
Auf dem Weg zu körperlichem Wohlbefinden schlummert in der Bewegungsform großes Potential – darin sind sich Praktizierende seit Jahrtausenden einig. Um das Beste aus den Übungen rauszuholen, wurden die Techniken kontinuierlich weiterentwickelt und perfektioniert. Aus diesem Engagement entwickelten sich diverse neue Bewegungsformen. Eine davon nennt sich Tai Chi – die neben Qi Gong bekannteste Aktivität in der TCM.
Tai Chi
Auch Tai Chi zielt auf Meditation und innere Entspannung ab – jedoch nicht nur. Neben Übungen, die auch im Qi Gong praktiziert werden, enthält Tai Chi Elemente der Kampfkunst. Beschrieben wird die Praxis häufig als „Meditation in Bewegung“. Auch als Schattenboxen wird Tai Chi häufig bezeichnet. Seit vielen Jahren in China praktiziert, etablierte sich die Kampfkunst etwa in den 1970er Jahren in Europa, wo sie immer größeren Zuspruch findet. Warum? Tai Chi tangiert viele Bereiche, die in unserer Gesellschaft aktuell vielen Menschen zu schaffen machen.
Warum Tai Chi?
Langes Arbeiten am Schreibtisch, Überstunden, Freizeitstress: In Zeiten, in denen die Uhren sich immer schneller zu drehen scheinen, überwiegen meist die stressigen Momente über die, in denen wir eine entspannte Auszeit finden. Wenn wir an einer Sache arbeiten, denkt unser Kopf bereits an die nächste. Genau an diesen Stellen setzt Tai Chi an. In komplexen, langen Bewegungsabläufen, werden Koordination und Balance trainiert. Die Bewegungsform gilt deshalb als wirksame Methode gegen Stress, Rückenprobleme und Konzentrationsschwierigkeiten.
Ausgeführt werden die Übungen entweder wie beim Qi Gong ganz ohne Hilfsmittel außer dem eigenen Körper oder mit Hilfe von Waffen. Als soll gelten im Tai Chi Gegenstände wie Fächer und Stöcke. Auch Schwerter kommen zum Einsatz. Doch vorwiegend als Kampfkunst gilt Tai Chi schon lange nicht mehr. Heute stehen die spirituellen Effekte, die Bemühungen für unser ganzheitliches Wohlbefinden im Fokus. Zum Training der Selbstverteidigung wird die Bewegungsform nach wie vor eingesetzt.
Tai Chi Formen und Stile
Das Pendant zu den Systemen im Qi Gong sind die Formen im Tai Chi. Als solche werden die Abfolgen der Übungen bezeichnet. Traditionell sind diese sehr lang. Über eine Stunde kann eine solche Form schon einmal dauern. Doch seit unser Alltag an Geschwindigkeit gewinnt, kommen auch im Tai Chi immer häufiger kürzere Formen zum Einsatz. Zu den bekanntesten zählen die 37 Stellungen nach Prof. Cheng Man Ching sowie die 24er-Peking-Form.
Wie die Formen ausgeführt werden, richtet sich nach dem Stil, den der Praktizierende ausübt.
Chen gilt als der älteste Tai Chi Stil. Er zeichnet sich durch seine explosionsartigen Abläufe aus, die mit langsamen Bewegungen kombiniert werden.
Yang ist dank seines gleichmäßigen Tempos der am weitesten verbreitete Stil. Die Bewegungen werden fließend und im großen Rahmen ausgeführt.
Wu zeichnet sich durch seine minimalen, weichen Bewegungen aus, die für das bloße Auge zunächst nur schwer als solche zu erkennen sind. Die korrekte Praxis gilt als ausgesprochen komplex und erfordert vollste Konzentration.
Hao ist ein Stil, der seinen Fokus mehr auf die Vorgänge im Inneren anstelle der äußerlich erkennbaren Bewegungen legt. Er wird in Europa kaum praktiziert und ist auch in China wenig verbreitet.
Sie sehen: Die Ansprüche an die Bewegungen und das Denkvermögen sind hoch. Tai Chi gilt deshalb als anspruchsvollere Bewegungsform in der TCM. Welche für Sie die Richtige ist? Probieren sie am besten beide Formen aus und entscheiden Sie selbst!
Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Kennenlernen!
Ihr Terra Elements Team
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