
Neben diverser Naturprodukte setzt die traditionelle chinesische Medizin auf verschiedenste Therapiemethoden, um unser Wohlbefinden zu unterstützen. Mit der Akupunktur haben wir Ihnen bereits eine wichtige vorgestellt. Heute wollen wir uns eine weitere ansehen: das Schröpfen.
Schriftlichen Überlieferungen zur Folge wird Schröpfen
bereits seit vielen Tausenden Jahren vor Christus in Naturkunden auf der ganzen
Welt angewendet. Während die Praxis in Europa erst etwa ab dem 14. Jahrhundert zur
Anwendung kam, integrierten sie asiatische Experten schon viele Jahre vorher in
ihr Repertoire. Die traditionellen chinesischen Medizin blickt somit auf eine
lange Tradition zurück, bei der die Methodik ständig weiterentwickelt und
perfektioniert wurde.
Um uns die Therapiemethode genauer anzusehen, holen wir uns
deshalb eine TCM-Expertin ins Boot. Vivian Ansuhenne ist ausgebildete TCM
Heilpraktikerin und Inhaberin einer Praxis für Akupunktur, Chinesische Medizin
(TCM) & Ästhetik in Hamburg. Frau Ansuhenne hat unseren Blog bereits im
Bereich der TCM Ästhetik mit ihrem Expertenwissen bereichert. Wir freuen uns
sehr, dass wir sie ein zweites Mal bei uns begrüßen dürfen.
Was können wir uns unter Schröpfen vorstellen?
Wie bereits angedeutet, zählt Schröpfen zu den ältesten
Therapiemethoden auf der ganzen Welt. „Das Schröpfen ist eine uralte
Reiztherapie und zählt nicht nur in der TCM, sondern auch in der traditionellen
europäischen Medizin zu den ausleitenden Verfahren“, bestätigt auch Vivian Ansuhenne.
Das Prinzip: „Bei dieser Methode werden mehrere kleine, glockenförmige Kuppeln
oder Schröpfglocken auf dem Rücken aufgesetzt, in denen ein Vakuum erzeugt wird“,
erklärt unsere Expertin. Dank des Unterdrucks, der dabei erzeugt wird, sollen
die Regenerationskräfte des Körpers aktiviert werden. Um dieses Ziel zu
erreichen, würde gezielt an den Reflexzonen auf unserer Haut gearbeitet.
An diesen werden die Schröpfglocken aufgesetzt, mit derer Hilfe das Schröpfen durchgeführt wird. Dank des Unterdrucks, der mit deren Hilfe an diesen Reflexzonen erzeugt wird, „bewirkt das Schröpfen die Aktivierung von Qi und Blut über die Meridiane, die in enger Beziehung zu den inneren Organen stehen und auf diese einwirken. Durch den äußeren Reiz der Schröpfglocke wird das Areal verstärkt durchblutet und so die korrespondierenden Organe stimuliert“, so Vivian Ansuhenne weiter. Um den Effekt der Anwendung zu unterstützen, empfiehlt Vivian Ansuhenne Astralgus, Gerstengras, oder Mikroalgen in Form von Tee oder Smoothies einzunehmen.
Die Methoden der Schröpftherapie
Bei der Art und Weise der Stimulation der Reflexzonen beim Schröpfen wird zwischen verschiedenen Therapiemethoden unterschieden. Obgleich
diese sich deutlich in der Anwendung unterscheiden, haben die Techniken doch
eines gemeinsam: Bei jeder Methode wird „im Schröpfkopf ein Unterdruck erzeugt“,
erklärt die Expertin. Dieser könne manuell mithilfe eines Gummiballs oder durch
Hitze generiert werden. Diese entstehe durch das Verbrennen von in Alkohol
getränkter Watte.
Die Schröpfmassage
Die sanfteste Methode beim Schröpfen ist eine, die Sie auch
als Laie im Eigenheim durchführen können. Mithilfe der Schröpfgläser werden
dabei bestimmte Reflexzonen auf der Haut auf eine sanfte Art und Weise
massiert. Wie wir dabei vorgehen? „Zunächst wird der Rücken eingeölt.
Anschließend wird das Schröpfglas auf das zu behandelnde Areal aufgesetzt. Dabei
wird ein nicht allzu starkes Vakuum erzeugt, sodass das Schröpfglas während der
Behandlung hin und her bewegt werden kann“, so Vivian Ansuhenne. Mithilfe der
Schröpfmassage können Sie beispielsweise leichte Verspannungen im Rücken und
Nackenbereich lockern. Beim ewigen Sitzen am Schreibtisch sind diese leider
keine Seltenheit.
Kleiner Hinweis: Nach der Massage könnten Sie durchaus die
ein oder andere Rötung auf Ihrem Rücken entdecken. Diese resultieren von der
Aktivierung Ihres Organismus und sind keinesfalls Grund zur Sorge. Nach ein
paar Tagen verabschieden sich diese wieder von allein.
Blutiges Schröpfen
Das blutige Schröpfen, auch Hacamat oder Hijama genannt, ist
eine der beiden Hauptmethoden der Therapie. In orientalischen Gegenden gilt
diese als bekannteste Art des Schröpfens. Sie kommt seit Tausenden von Jahren
zu verschiedensten Zwecken zum Einsatz. Die Idee: Altes Blut tritt aus und damit
Platz für neues, frisches Blut geschaffen. Wie dabei vorgegangen wird, ist in alten
Schriften klar definiert. „Vor dem Aufsetzen der Schröpfglocke wird die Haut
mit einer kleinen Nadel oder Messern „geritzt“, sodass kleine Blutströpfchen
aus der Haut treten können. Wird anschließend wird mithilfe der Glocke ein
Unterdruck erzeugt, so tritt vermehrt Blut aus“, erläutert Vivian Ansuhenne.
Je nach Zweck der Behandlung verbleiben die Gläser für bis
zu 15 Minuten auf dem Rücken. Dass diese Prozedur an der Haut nicht spurlos
vorüber geht, können wir bereits erahnen. Doch auch in diesem Fall sind
Verfärbungen alles andere als ein Grund zur Sorge. Aus Sicht der TCM ist sogar
das Gegenteil der Fall: „Hämatome werden in der TCM eher positiv bewertet und gelten
daher beim Schröpfen als positiver Nebeneffekt. Sie sind ein Zeichen, dass das
Areal von Qi und Blut vermehrt versorgt wird und so ein Heilungsprozess stattfindet“,
betont unsere Expertin. Sollten anormale Verfärbungen auftreten, wird Ihr
Heilpraktiker die Behandlung abbrechen.
Vivian Ansuhenne wendet das blutige Schröpfen bei härteren
Fällen der Verspannung an: „Blutiges Schröpfen wird besonders bei Fülle Blockaden
wie extremen Verspannungen mit beispielsweise Bewegungseinschränkungen angewendet.
Ebenso wirkt diese Methode als eine Art Mikroaderlass, indem altes Blut aus dem
stark verspannten Areal ausgeleitet wird und so für eine reguläre Durchblutung
gesorgt wird. Das Ergebnis: Qi und Blut können wieder frei fließen und die
Verspannung kann gelöst werden.“ Damit diese Ziele bestmöglich erreicht werden,
soll das blutige Schröpfen in Abstimmung an die Mondphasen durchgeführt werden.
Auch die Uhrzeit ist zu bedenken. Der Zeitpunkt soll einen Einfluss auf die
Effektivität haben.
Trockenes Schröpfen
Neben dem blutigen ist das trockene Schröpfen die zweite
Hauptmethode der Therapiemethode. Das Prinzip des Erzeugens eines Unterdrucks auf
den Reflexionszonen der Haut bleibt gleich. Der Unterschied: „Beim trockenen Schröpfen
wird das Areal vorher nicht angeritzt“, so Vivian Ansuhenne. Die Schröpfgläser
werden also ohne Vorbehandlung direkt auf die Haut aufgesetzt. Sobald sich ihre
Temperatur reduziert, saugen sich die Gläser am Rücken des zu Behandelnden fest
und erzeugen so ein Vakuum. Zu sehen ist dieses anhand der sich wölbenden Haut.
Darüber hinaus wird trockenes Schröpfen auch mithilfe von
Wärme praktiziert. Diese Methode wird als Feuerschröpfen bezeichnet. An dieser
Stelle kommt die in Alkohol getränkte Watte ins Spiel, die uns bereits zu
Beginn unserer Entdeckungsreise mit dem Schröpfen begegnet ist. Der warme
Wattebausch wird vor dem Aufsetzen der Schröpfgläser in deren Inneres gehalten,
sodass sich das Glas von innen erwärmt. Treffen die warmen Gläser schließlich
auf die „kalte“ Haut, wird beim Abkühlen der gewünschte Unterdruck erzeugt. Die
Methode des trockenen Schröpfens empfiehlt unsere Expertin „bei Blockaden mit
Leere Mustern wie Verspannungen und Blockaden mit Müdigkeit, Erschöpfung oder
Blutarmut.“
Ist Schröpfen schmerzhaft?
Wenn wir uns vorstellen, wie unser Körper aktiv zum Bluten
gebracht oder mit warmen Gläsern behandelt wird, schnellt uns sofort eine Frage
in den Kopf: Ist diese Prozedur nicht schmerzhaft? Vivian Ansuhenne würde dies
klar verneinen: „Bei allen drei Schröpfarten ist weniger ein unangenehmer Schmerz
als ein sogenannter Wohlfühlschmerz zu erwarten. Nach der Behandlung empfindet
man eher ein Gefühl von Erleichterung am Rücken und im ganzen Körper.“ Von dieser
Wahrnehmung ist auch in vielen anderen Erfahrungsberichten vom Schröpfen zu
lesen. Die Rede ist häufig von einem Gefühl von Befreiung, vom Loslösen, vom
Lockern, das sich durch den ganzen Körper zieht.
Schmerzhaft könnte Schröpfen nur dann werden, wenn es nicht
ordnungsgemäß angewendet wird. Vertrauen Sie sich deshalb unbedingt Ihrem Heilpraktiker
/ Ihrer Heilpraktikerin Ihres Vertrauens an. Schröpfen ist nämlich keinesfalls
für jedermann geeignet! Unsere Expertin würde „auf jeden Fall bei
Schwangerschaft und direkt nach der Geburt, bei Kleinkindern, schwachen Kindern
und Erwachsenen davon abraten. Ebenso kontraindiziert Schröpfen bei offenen
Wunden, fiebrigen Erkrankungen, Herz -und Schlaganfallpatienten und Personen
mit psychischen Erkrankungen, die medikamentös begleitet werden.“
Schröpfen ist Expertensache!
Ziehen Sie deshalb unbedingt einen Experten oder eine
Expertin zu Rate! Er oder sie weiß am besten abzuschätzen, ob die Therapiemethode
für Sie die richtige ist, welche Technik angewendet werden sollte und was bei
der Durchführung beachtet werden sollte. Einzig die Anwendung der
Schröpfmassage zur Entspannung hält Vivien Ansuhenne auch für die Anwendung im
Eigenheim für geeignet. „Leichte Verspannungen im Rücken und Nackenbereich
können jedoch auch dabei bereits gelockert werden“, so die Expertin.
Schröpfen und Michael Phelps
Auch wenn das Schröpfen eine Methode mit Jahrtausendelanger
Tradition auf der ganzen Welt ist, hat sie vor etwa 4 Jahren einen neuen
Aufschwung erfahren – vor allem außerhalb der Kreise internationaler Naturkunden.
Der Grund: Michael Phelps und die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro.
Als sich der Profischwimmer auf den Weg zu seinen – aus heutiger Sicht
erfolgreichen – Rennen machte, fragte sich alle Welt: Was haben die lila
Flecken im Schulterbereich des Athleten zu bedeuten?
Die Vermutungen waren vogelwild. Spekuliert wurde von einem
neuen Tattoo Trend über die Spuren von Schlägereien bis hin zur geheimen
Leidenschaft für Boxkämpfe im Untergrund. Erst als Experten zu Rate gezogen
wurden, konnte das Geheimnis gelüftet werden. Und es fiel weitaus weniger
spektakulär aus, als zunächst gedacht. Die lila Flecken waren die sichtbaren
Spuren von Michael Phelps Schröpf-Behandlungen, die im Englischen als Cupping
bezeichnet werden. Den Berichten zur Folge setzt der US-Amerikaner die Methode
zur Reduktion von Muskelverspannungen und zur Anregung des Energieflusses in
seinen Körper ein.
Nicht nur diese kleine Anekdote beweist: Das Bemühen um das Lösen von Verspannungen zahlt sich aus! Indem wir unsere Meridiane, die Energieleitbahnen in unserem Körper, lockern, kann die Energie in unserem Körper wieder aktiv fließen und jede Zelle in unserem Körper mit frischem Lebensmut versorgen. So wird aus einem beklemmten plötzlich ein freies Körpergefühl. Nicht nur im Yoga gilt das Prinzip: Wenn erst der Körper frei wird, werden auch im Geist Blockaden gelöst. In diesem Sinne – probieren Sie’s aus!
Wir wünschen Ihne viel Vergnügen beim Entdecken!
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