
Ebenso wie unser Eigenheim unterziehen wir auch unseren Körper jedes Frühjahr aufs Neue einer intensiven Detox-Kur. Die Idee: Wir fügen unserem Körper effektive Naturprodukte zu, um ihm den Abschied von unbrauchbaren Substanzen zu erleichtern. Klingt eigentlich ganz leicht, oder? Dass dabei jedoch häufig mehr schief geht, als wir denken, weiß Gesundheits- und Ernährungs-Coach Marina Becker. Im Interview klärt uns die Expertin und Gründerin von Meine Bauchgefühle über die häufigsten Detox-Irrtümer auf und erklärt uns, wie wir diese vermeiden können.
Liebe Marina, Detox ist – gerade jetzt in der Fastenzeit – im wahrsten Sinne des Wortes in aller Munde. Welche Rolle nimmt Detox für dich in deiner Arbeit als Gesundheits- und Ernährungscoach ein?
Marina: „Die Entgiftung ist ein biochemischer Prozess, der ganz natürlich im Körper abläuft. Seine Aufgabe ist es, schädliche Stoffe im Körper einzusammeln, umzuwandeln und auszuscheiden. Wir müssen daher zwischen dem körpereigenen Entgiftungssystem und einem von uns durchgeführten Detox-Programm unterscheiden. Ich verwende Detox, Entgiftung und Reinigung dabei als Synonyme.
Wenn wir von Detox sprechen, meinen wir ein Programm, das darauf abzielt, die körpereigenen Entgiftungsprozesse zu unterstützen, anzuregen und dem Körper bei der Reinigung von unerwünschten und schädlichen Stoffen unter die Arme zu greifen. Es geht dabei aber nicht nur um das Loswerden bereits angesammelter Toxine, sondern gleichzeitig auch darum, präventiv die Belastung durch Giftstoffe zu minimieren. Außerdem sorgen wir dafür, den Körper während einer Reinigung optimal mit den nötigen Nährstoffen zu versorgen. All dies hilft, die Verdauung und Ausscheidung zu verbessern.
Da ich großen Wert auf Ganzheitlichkeit lege, umfasst Detox für mich daher alles: angefangen von der Ernährung über den Lifestyle bis hin zu unseren Gedanken und Gefühlen.“
Warum ist Detox für uns und unseren Körper so wichtig?
Marina: „In unserer modernen Welt sind wir tagtäglich einer großen Menge von schädlichen Stoffen ausgesetzt. Viele dieser Stoffe sind dem Körper unbekannt, da sie in dieser Form erst seit circa 100 Jahren existieren. Die Folge: Er weiß erst einmal gar nicht, was er damit anfangen soll. Auto- und Industrie-Abgase, Zigarettenrauch, Pestizide in und auf dem Essen, Antibiotika, Hormone, Schwermetalle, Körperpflege- und Reinigungsprodukte, Plastik und vieles mehr stellen unser Entgiftungssystem vor eine große Herausforderung.
Der Druck auf das Entgiftungssystem steigt mit der Belastung, der es ausgesetzt ist. Wir können es mit einem Fass vergleichen: Die körpereigenen Entgiftungsprozesse können eine große Menge aufnehmen und verarbeiten. Doch irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem sie nicht mehr hinterherkommen und das Fass überläuft. Dies kann unter anderem zur Entstehung chronischer Entzündungen beitragen. Diese Überlastung führt dazu, dass der Körper unsere aktive Mithilfe braucht. Und schon sind wir beim Detox angekommen.“
Was passiert beim Detox in unserem Körper?
Marina: „Die wichtigsten Organe des Körpers für die Entgiftung sind die Leber, das Verdauungs- und Lymphsystem, die Nieren, die Lunge und die Haut. Die Aufgabe der Leber ist es zum Beispiel die schädlichen Substanzen umzuwandeln und für die Ausscheidung vorzubereiten. Es gibt zwei Arten von Giftstoffen: wasser- und fettlösliche. Die wasserlöslichen können leicht über das Blut und die Nieren ausgeschieden werden. Fettlösliche – zu denen die von Menschen hergestellten zählen – sind hingegen problematischer für den Körper.
In mehreren Phasen wandelt die Leber die fettlöslichen in wasserlösliche Toxine um, damit diese gebunden und ausgeschieden werden können. Während dieses Prozesses entstehen unter anderem freie Radikale, die großen Schaden im Körper anrichten können. Um den Körper davor zu schützen, braucht er unter anderem Antioxidantien. Wurden die Substanzen erfolgreich umgewandelt, müssen sie noch aus dem Körper eliminiert werden. Hierfür sind Ballaststoffe besonders zentral, da sie die Giftstoffe binden und beim Ausscheiden helfen.
Wie können wir unseren Körper dabei unterstützen?
Marina: „Wir können unseren Körper unterstützen, indem wir dafür sorgen, dass er stets die nötigen Nährstoffe erhält, die er in jeder Phase benötigt. Es ist wichtig, viel stilles Wasser zu trinken und natürliche, pflanzliche Lebensmittel zu essen. Diese liefern neben Vitaminen, Mineralien und Antioxidantien genau die Ballaststoffe, die für den Abtransport der Toxine nötig sind. Besonders reinigend sind zum Beispiel Kreuzblütler wie Blumenkohl, Broccoli, Rosenkohl und grünes Blattgemüse. Außerdem Zitronen, Äpfel, Knoblauch, Ingwer und Koriander. Sehr hilfreich beim Detox sind zudem Superfoods wie Spirulina, Chlorella, Kurkuma, Chia Samen und MSM.
Klingt eigentlich so als könnte dabei nicht viel schief laufen…?
Marina: „Durch das gestiegene Bewusstsein über die Umweltbelastungen, wurde Detox zu einem neuen Trend – obwohl es schon seit Ewigkeiten existiert. Daher sind viele Detox-Pläne und Produkte auf dem Markt erschienen. Vielen fehlt jedoch eine wissenschaftliche Basis. Einige können sogar kontraproduktiv sein. Auf kurze Zeit angelegte, radikale Detox-Programme, bei denen es um Verzicht geht, setzen eine große Anzahl von Toxinen in den Blutkreislauf frei. Werden diese nicht richtig abtransportiert – zum Beispiel aufgrund fehlender Nährstoffe – belasten sie den Körper zusätzlich und können unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen.
Einige der größten Irrtümer beim Detox sind unter anderem, dass eine Entgiftung schnell und anstrengend sein sollte, dass es um Hungern und Verzicht geht, dass der Körper schon nach wenigen Tagen frei von Toxinen ist, dass das Essen während einer Entgiftung nicht wichtig ist, oder, dass ein paar Tage nur Säfte getrunken werden sollten. Im letzten Fall ist es zum Beispiel bessergrüne Smoothies zu trinken, da diese die nötigen Ballaststoffe enthalten. Außerdem liefern sie Antioxidantien und können durch die Zugabe von Superfood-Pulvern wie Moringa, Acai, Camu Camu, Hanf, Acerola oder Goji Beeren noch nahrhafter und reinigender gemacht werden.“
Was können wir sonst beim Detox falsch machen?
Marina: „Einige generelle Fehler sind unter anderem das Verwenden von Abführmitteln, das Aushungern des Körpers oder die einseitige Ernährung – zum Beispiel durch Shakes, die häufig aus synthetischen Zutaten bestehen. Dies sind keine nachhaltigen und gesunden Wege, den Körper zu reinigen. Auf vier Fehler möchte ich etwas genauer eingehen:
1. Falsche Erwartungen und „alles wie immer machen“
Ein häufiger Fehler ist, während des Detox alles wie immer machen zu wollen und volle Leistung zu erwarten. Eine Reinigung benötigt Energie. Man kann es sich wie einen Frühjahrsputz für den Körper vorstellen. Zu Beginn des Aufräumens muss eine Bestandsaufnahme gemacht werden. Alles wird aus den Regalen herausgeräumt, um sie säubern zu können. Dabei entsteht Chaos. Dann wird abgestaubt, geordnet und alles, was nicht mehr gebraucht wird, muss gesammelt und ordnungsgemäß entsorgt werden. Folgt man noch keinem gesunden Lifestyle, kann zu Beginn eines Detox ein wenig Chaos entstehen, wie zum Beispiel Kopfschmerzen und Heißhunger. Das muss aber nicht der Fall sein und sollte nicht zur Aufgabe des Plans führen.
So geht‘s richtig:
Während des Detoxes ist es besonders wichtig, seinem Körper Zeit und Ruhe zu geben und auf dessen Bedürfnisse zu hören. Diese Phase kann toll für die Selbstfürsorge genutzt werden. Es können zum Beispiel Dinge getan werden, für die länger keine Zeit blieb, wie Lesen oder kreatives Arbeiten. Außerdem ist es wichtig, darauf zu achten, ausreichend zu schlafen. Beim Entspannen hilft zum Beispiel Magnesium – auch toll in Form von Epsom Salz-Bädern.
2. Fehlende körperliche Bewegung
Zwar ist es wichtig, dem Körper während der Entgiftung Ruhe zu gönnen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass man sich nur ausruhen und nicht bewegen sollte. Warum Bewegung beim Detoxen so wichtig ist, erkennen wir, wenn wir uns einen weiteren Teil des Entgiftungsprozesses anschauen: das Lymphsystem. Man kann es sich als das Abwassersystem des Körpers vorstellen. Es transportiert den „Abfall“ aus den Geweben in den Blutkreislauf, damit er verarbeitet und ausgeschieden werden kann. Allerdings bewegt es sich nicht von allein, sondern braucht unsere aktive Hilfe. Daher müssen wir eine Balance aus Entspannung und Bewegung finden.
Tipps zur Unterstützung des Lymphsystems:
Bewegung ist einer der besten Wege, das Lymphsystem zu aktivieren. Es geht dabei nicht um hartes Training, sondern vielmehr um körperliche Aktivitäten wie Yoga, Tai-Chi, Dehnen, leichtes Krafttraining oder Spazierengehen. Spaziergänge in der Natur liefern zusätzlich frische Luft zum Atmen und unterstützen die Entgiftung über die Lunge. Trampolinspringen, Trockenbürsten, Massagen oder Lymphdrainage sind weitere tolle Möglichkeiten, um das Lymphsystem anzuregen. Außerdem ist es wichtig viel stilles Wasser zu trinken. Dies hilft auch gegen Verstopfungen, die einer erfolgreichen Entgiftung „im Weg stehen“ können. Zudem helfen Sauna und Schwitzen bei der Beseitigung von Giftstoffen über die Haut.
3. Kein ganzheitlicher Ansatz
Sich beim Detoxen nur auf den Körper zu konzentrieren, lässt einen großen Teil einer erfolgreichen Reinigung aus. Denn auch Stress kann die Entgiftungskapazität des Körpers beeinträchtigen. Wir können die Stressreaktion des Körpers nämlich allein durch unsere Gedanken auslösen. Subjektive Stressoren werden genau wie eine lebensbedrohliche Situation wahrgenommen, weshalb Entgiftungs- oder Verdauungsprozesse runtergefahren werden, weil sie aktuell keine Priorität haben. Denken wir nur einmal daran, wie oft wir Sorgen, Zeitdruck oder Ähnliches haben...
Wege, ganzheitlich zu entgiften
Daher ist es wichtig, in sich zu gehen und auch auf mentaler und emotionaler Ebene aufzuräumen, zum Beispiel durch Meditation, Yoga oder das Führen eines Tagebuchs. Hilfreiche Fragen sind unter anderem: „Welche negativen Gedanken und Gefühle (zum Beispiel Wut, Traurigkeit, nicht verzeihen können) habe ich in meinem Körper angesammelt? Was möchte ich loslassen?“ Zwar können wir uns den Giftstoffen nicht vollkommen entziehen. Doch in allen Bereichen gibt es Möglichkeiten, die Belastung zu reduzieren: ökologische Produkte kaufen, Kunststoffe und Verpackungen, die BPA und andere Chemikalien enthalten, vermeiden, „grüne“ Reinigungsprodukte verwenden und Parfüm sowie synthetische Pflegeprodukte meiden.
4. Direkt zurück ins alte Verhalten
Den letzten Fehler, den ich ansprechen möchte ist, direkt nach dem Detox in sein gewohntes Verhalten zurückzukehren. Viele Tage haben wir es erfolgreich geschafft, den Körper zu unterstützen. Häufig folgt danach der „Rückfall“ in die alten Gewohnheiten, die zur Giftstoffbelastung beigetragen und den Körper unnötig belastet haben.
Aber so muss es nicht sein!
Um dauerhafte Veränderungen zu erreichen, ist es wichtig, sich vor und während der Entgiftung bewusst zu machen, welches Verhalten man gerne beibehalten oder ändern möchte. Dafür ist es hilfreich, sich zu fragen, welche Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen man mit dem Detox aus dem Körper entfernen möchte. Bewusstsein darüber, was man langfristig ändern will (und warum!), hilft, diese Ziele erreichen zu können.“
Welche Komponenten dürfen deiner Meinung nach in keinem ganzheitlichen Detox-Programm fehlen?
Marina: „Ich denke, der erste Schritt eines jeden Detox-Programms sollte es sein, sich weniger Giftstoffen auszusetzen. Zum Beispiel verarbeitete Nahrungsmittel zu vermeiden und ökologische Lebensmittel für eine maximale Nährstoffzufuhr mit der geringsten Giftstoffbelastung zu wählen. Die beste Form der Reinigung konzentriert sich darauf, den Körper mit einer Kombination aus reinigenden Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln zu nähren, anstatt ihn auszuhungern. Außerdem sollten neben dem Körper auch Geist und Seele entgiftet werden."
Wenn du ein abschließendes Fazit zum Detox ziehen müsstest, wäre das…
Marina: „Detox ist viel mehr als eine einmalige, schnelle Wochenend-Kur. Es ist vielmehr ein Prozess, bei dem es unter anderem darum geht, den Körper durch Anpassungen im Lifestyle bei der Entgiftung zu unterstützen. Das erreichen wir, indem wir zum Beispiel die hier besprochenen und weitere Punkte in unseren Alltag integrieren. Wenn wir unsere Entgiftungsorgane schützen und stärken, kann der Körper mit allen Anforderungen besser umgehen. Natürlich ist es möglich zum Einstieg ein kürzeres Programm zu verwenden oder ab und an nur ein paar Tage zu detoxen, wenn man sich bereits gesund ernährt und auf die Giftstoffbelastung achtet. Wenn dies aber noch nicht Teil des eigenen Lebens ist, ist ein kurzer, schneller Detox nicht sehr effektiv.
Wichtig ist, dass es hier nicht um Perfektion geht, sondern um das Bewusstsein, dass jeder kleine Schritt in Richtung eines gesünderen Lebensstils tolle Resultate erzielen und für die nächsten Schritte motivieren kann. Jeder kann klein oder zum Beispiel mit einem 5 Tage Detox-Plan anfangen.
Vielen Dank, liebe Marina, für diese tollen Informationen und Tipps.
Unsere Expertin
Marina Becker ist Certified Transformational Nutrition Coach und die Gründerin von Meine Bauchgefühle. Durch ihre eigene Geschichte mit chronischen gesundheitlichen Problemen, die von der Schulmedizin nicht erklärt oder gelindert werden konnten, hat sie eine Leidenschaft dafür entwickelt, die Sprache des Körpers – unsere Bauchgefühle – zu verstehen, damit wir uns mit unserem Körper wieder versöhnen und wohlfühlen können.
Im Gegensatz zur Arbeit mit Einheitslösungen betrachtet Marina die einzigartige Geschichte ihrer Klienten. Sie zeigt ihnen, dass sie mehr Macht über ihre Gesundheit haben, als sie denken und hilft ihnen auf Basis aktuellster wissenschaftlicher Erkenntnisse, ihr Wohlbefinden in die eigenen Hände zu nehmen. Das Meine Bauchgefühle-Konzept teilt sie auf ihrer Webseite, ihrem Blog sowie in Vorträgen.
Falls Sie mehr zu Marinas Arbeit erfahren möchten, schauen Sie gerne bei Marina vorbei – ob online oder offline im Rahmen eines Gesprächs. Dabei erhalten Sie viele weitere tolle Hintergrundinformationen und Tipps der Ernährungs- und Gesundheits-Expertin.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Entdecken!
Ihr Terra Elements Team