
Je älter wir werden, desto schneller scheint die Zeit an uns vorbei zu ziehen. Manchmal fühlt es sich so an, als hätten wir gerade die Schule verlassen – da bewegen wir uns bereits direkt auf die Rente zu. Die Zeit können wir nicht aufhalten; die Alterung hingegen schon. Wie das aus Sicht der TCM geht, verrät uns Expertin Johanna Stoll im Interview.
Altern, was ist das eigentlich?
Die Frage nach der eigentlichen Bedeutung von Altern scheint schnell beantwortet: Unsere Lebensuhr dreht sich weiter. Wenn wir unseren Körper, unser Aussehen und unsere Leistungsfähigkeit mit dem eines Kindes vergleichen wird jedoch klar: Der Alterungsprozess geht an unserem Organismus nicht spurlos vorbei. Was dabei genau vor sich geht? „Die Versorgung von Qi und Blut fährt herunter. Dadurch werden die Organe und die Haut schlechter durchblutet, die Zellen und Gefäße schlechter versorgt, die Zellerneuerung verlangsamt“, erklärt uns Johanna Stoll. Auf den ersten Blick mögen diese Prozesse erschreckend klingen. Doch unsere Expertin gibt Entwarnung: „Es mag sich nach einem Wettlauf mit der Zeit anhören. Wenn man jedoch schon früh anfängt, sich um sich selbst zu kümmern, bestimmte Dinge zu pflegen und sich ausreichend Erholung gönnt, ist alles nur halb so schlimm“, so Johanna Stoll.
Das Eintreten dieser Erscheinungen führt die TCM auf das sogenannte JING zurück: „Für die meisten Erscheinungen, die wir ‚altern‘ nennen, sieht die TCM die Ursache im Verlust oder Abbau eines Lebens-Bausteins, dem JING. Dabei handelt es sich um eine Komponente aus den beiden Lebenskräften Yin und Yang, die in der Niere gespeichert werden.“ Was wir uns darunter vorstellen können? „Wir bekommen das Jing, eine Art Bankkonto, von unseren Eltern am Beginn unseres Lebens mit auf den Weg. Es entsteht im Moment der Zeugung“, erklärt unsere Expertin. „Verbraucht wird es durch zu viel Arbeit, zu viel sexuelle Aktivität, zu viel Aufregung und Stress. Bewahren können wir das Jing mit ausreichend Schlaf und Ruhe, Erholung, frischer Luft und Bewegung, sowie gesunder und gehaltvoller Nahrung“, so Johanna Stoll weiter.
Verlust und Erhalt des Jing
Wir halten fest: Wie stark und früh wir altern, hängt damit zusammen, wie viel des Jing wir im Laufe unseres Lebens verbrauchen. Johanna Stoll hat bereits einige Bereiche angedeutet, die unser Jing-Konto schmälern lassen. Ob dies der Fall ist erkennen wir beispielsweise anhand „des vorzeitigen Ergrauens der Haare, des Abbaus der Knochen, häufigen Fröstelns und Frierens, einer Aversion gegen Kälte, mangelnde Antriebskraft, nachlassende Libido, Nachlassen der Hör- und Sehkraft sowie Leistungsabfall. Bei Verschleiß des Nieren-Yin kommen Tinnitus, Schwindel und Hitzewallungen in der Menopause sowie Trockenheitszeichen in den Augen, Schleimhäuten und Haut hinzu. Bei Verlust von Yin UND Yang haben wir Störungen im Hormonsystem“, erklärt Johanna Stoll.
Nachdem wir uns nun angesehen haben, wie sich das Jing reduzieren kann, stellt sich natürlich die Frage: Was kann man tun, um das Jing zu erhalten? Johanna Stoll verrät uns ihre Tipps: „Wenn es einmal aufgebraucht ist, ist es sehr schwer, das Jing zu ersetzen. Deshalb sollte es erhalten werden. Da der Winter zur Wandlungsphase Wasser gehört, der wiederum die Blase und die Nieren zugeordnet sind, nutzt in dieser Jahreszeit beispielsweise alles, was aus dem Wasser kommt: alle Arten von Algen, Meeresgemüse, Lebensmittel in denen Meersalz und (unbelastete) Algen enthalten sind. Ob als Nahrungszusatz oder Nahrungsergänzung sind sie gut für den Wasserhaushalt des Körpers. Deshalb mein Rat: Hochwertige Salze zum Würzen verwenden. Übrigens ist auch Musik mit Wassergeräuschen gut für die Nieren. Ebenso wie Stille.“
Was wir sonst im Alltag tun können, um den Abbau des Jing zu verlangsamen? „Darauf achten, wenn Körper oder Geist Stresssymptome zeigen, wie Hautüberreaktionen oder Wutausbrüche, sodass möglichst bald eine wie auch immer gestaltete Erholungsphase eingebaut werden kann. Die Haut und den Organismus mit hochwertigen Produkten pflegen. Darauf achten, sich nicht total zu verausgaben – ob in der Arbeit, im Privatleben, in Beziehungen, im Sex und auch in der eigenen Emotionalität. Lieber Hilfe holen, falls man nicht weiterkommt“, rät Johanna Stoll. Darüber hinaus betont unsere Expertin: „Der Jungbrunnen liegt im Geist, da sind sich viele einig. Deshalb sind Meditations- und Entspannungsmethoden sowie Geistestraining sehr wichtig.“
Aus Sicht der TCM außerdem essentiell: der Schlaf. „Sehr wichtig im Winter ist ausreichender Schlaf: Lieber ein bisschen früher schlafen gehen und ein bisschen länger schlafen. Die Natur hilft uns dabei, da sie für längere Dunkelphasen sorgt, soweit wir sie nicht durch künstliches Licht stören. Dunkel gehört in der TCM zum Yin, zum Wasser und zum Kühlen, zur Ruhe. Jetzt ist es ideal zur Ruhe zu kommen, Aktivitäten runterzuschrauben, das Licht mal früher auszuschalten, Stille zu genießen oder sich leise Geschichten zu erzählen. Das tut den Ohren gut und hilft der Nierenkraft, das Jing zu erhalten“, erklärt Johanna Stoll. Warum wir diesen Aufwand betreiben sollten? „Wir profitieren durch strahlendes Aussehen, einen geschmeidigen und schmerzfreien Körper, einen ausgeglichenen Geist und natürlich eine erfrischte Ausstrahlung“, so unsere Expertin. Grund genug, oder? Sehen wir uns an, was wir sonst fürs natürliche Anti-Aging tun können!
Anti-Aging und die Ernährung
Wir haben gelernt, dass unser Lifestyle eine entscheidende Rolle auf die Alterungsprozesse unseres Körpers hat. Da Lebensmittel unseren Körper mit all dem versorgen, was er für seine Funktionsfähigkeit braucht, sind wir uns ziemlich sicher, dass auch unsere Ernährung eine entscheidende Rolle spielt. Johanna Stoll bestätigt diese Vermutung: „Über Ernährung kann man einen großen Einfluss auf das lange Jung bleiben ausüben; auf der Erhalt der Jugendlichkeit, Gelenkigkeit und ebenso darauf, dass möglichst wenig Umweltgifte einlagert werden.“ Damit wir diese Ziele erreichen, gibt uns die TCM-Expertin tolle Ernährungstipps mit auf den Weg: „Zunächst ist Bio meist die bessere Wahl. Darüber hinaus ist es gerade im Winter sehr wichtig, den Körper mit ausreichend Produkten für einen angeregten Stoffwechsel zu versorgen.
Bei Kälte signalisiert uns der Körper, dass er Fette braucht. Um unsere Zellen bei Kälte zu schützen, gibt es kaum etwas Besseres als hochwertige Öle. Sie haben die gleiche Molekularstruktur wie unsere Zellwände. So helfen sie den Zellen, sich zu schützen und prall und gut gefüllt den Klimafaktoren Stand zu halten. Sowohl die innerliche Einnahme durch Nahrungsmittel als auch das Auftragen als Pflegeprodukt haben hier ihre Bedeutung. Von der TCM aus betrachtet ist es im Winter noch wichtiger, Nahrungsmittel warm zu zubereiten, also lieber mal eine Suppe genießen. Die kann man mit vielen Dingen aufwerten, wie Moringa- oder Kokosöl.“
Ein Anti-Aging freundlicher Speiseplan
Öle, Algen, Stoffwechsel-Booster – diese drei Lebensmittel haben ihren festen Platz auf einem Anti-Aging freundlichen Speiseplan. Johanna Stoll ergänzt diesen durch folgende Naturprodukte: „Anthocyane, die rot-violetten Farbstoffe, die in dunkelroten und violetten Früchten vorkommen. Sie sind sowohl in heimischen Früchten wie Holunder-, Brom- und Heidelbeeren sowie der Preiselbeere, als auch in exotischen Früchte wie der Acai-, Goji-, Maqui- und Moosbeere zu finden. Letztere enthalten sogar noch mehr der sogenannten Antioxidantien als unsere heimischen Früchte. Darüber hinaus enthalten auch Purple Corn und dunkelgrünes Gemüse, wie Grünkohl, diese Anthocyane. Ein Stoff, der aus der Lang-Lebens-Medizin, dem Anti-Aging nicht mehr wegzudenken ist, ist das OPC.
Außerdem ist Nahrung aus dem Meer, wie Spirulina und Chlorella, dank des Bezugs zum Wasserelement der Nieren sowie Nahrung aus den Bergen, wie Amaranth und Quinoa, förderlich. Insgesamt sind alle Nahrungsmittel empfehlenswert, die aus Regionen kommen, in denen ein hoher Aufwand nötig ist, um am Leben zu bleiben; Regionen mit extremen klimatischen Herausforderungen, wie Hitze, Kälte, Trockenheit und so weiter. Darüber hinaus sollte jederzeit darauf geachtet werden, möglichst unbelastete Lebensmittel mit hohem Gehalt an natürlichen Mineralien und Wertstoffen, zu verwenden. Und natürlich darauf, nicht zu viel und nicht zu spät zu essen.“
Zu Algen und Antioxidantien kommen Nüsse und Vitalpilze
„Zum Erhalt der Jing-Kraft empfehle ich die meisten Nüsse und Samen, besonders aber Walnüsse und Chia Samen. Die TCM sagt, dass diese Nüsse die Essenz erhalten und damit das Gehirn nähren. Das ist einerseits gut zur Steigerung der Gehirnleistung, erhält aber andererseits auch auf lange Sicht die Fähigkeiten des Gehirns. Wer etwas für Ältere tun möchte, schenkt ihnen solche Nüsse und Samen. Ebenso wenig wegzudenken sind die Vitalpilze Reishi, Cordyceps, Hericium, Maitake und Chaga. Die meisten dieser Pilze stammen aus Regionen, die sehr unwirtlich sind und harte Lebensbedingungen mit sich bringen. Das bedeutet: Die Pilze wurden dort über Jahrhunderte getestet, ob sie die Lebenskraft erhalten.
Hiervon an erster Stelle zu nennen ist der Cordyceps-Pilz, der ursprünglich aus Tibet stammt. Er ist tatsächlich das stärkste Nieren-Tonikum der Welt, das mir bekannt ist. Und zwar sowohl für Yang als auch für Yin. Er kann bei Antriebsarmut, Depression, Burnout-Gefahr, Kälteempfindlichkeit, mangelnder Lust und Kinderwunsch verwendet werden. Da die Pilze eine sehr starke Wirkung haben, ist es anzuraten hier eine/n Mykotherapeut/in zu fragen. Bei der Einnahme muss nämlich geprüft werden, ob eine Yin- oder Yang-Schwäche überwiegt. Daneben ist auch der Reishi empfehlenswert; allein schon dadurch, dass er so stress-resistent macht. Er wird nicht umsonst der ‚Göttliche Pilz der Unsterblichen‘ genannt.“
Anti-Aging und die Haut
Ebenso wie für die Vitalfunktionen und die Geschmeidigkeit sollte man spätestens ab 25 etwas für die Haut tun. Bedingt sind diese aus Sicht von Johanna Stoll durch Stress, Trockenheit und mangelnde Pflege: „Stress verengt die Gefäße, sodass die Versorgung abnimmt. Die Oxidantien, also die freien Radikale, die für Alterungsprozesse verantwortlich gemacht werden, werden dadurch vermehrt ausgeschüttet. Über Trockenheit in der Luft jammern selbst Menschen, die in Kälteschneisen arbeiten, mehr als über die Kälte. Ausgetrocknete Luft ist für die Nasenschleimhäute sehr unangenehm und auch schmerzhaft. Manchmal ist es wirklich ratsam, sich aus der Apotheke eine kleine Tube Nasensalbe zu besorgen, wenn man sonst Schmerzen hat. Die Haut selbst wird dadurch faltig, bestehende Falten vertieft. Sehen Sie sich Menschen in der kalten Jahreszeit an. Es ist den Leuten wirklich anzusehen, dass die Kälte Lebenskraft entzieht. Umso wichtiger ist die Zufuhr von Essenzen durch hochwertige Nahrungsmittel, Öle und Pflegeprodukte.“
Hochwertige Pflege und effektive Methoden
Die richtige Pflege ist somit ein großer Schritt in Richtung strahlende Winterhaut. Ist die vorzeitige Hautalterung jedoch schon weit fortgeschritten, ist diese Maßnahme eventuell nicht mehr ausreichend. In diesem Fall bedienen wir uns den Tipps und Tricks von Experten. Um diesen Prozess zu stoppen „setzt die Naturkunde und die ganzheitliche Medizin bei den Ursachen an“, erklärt uns Johanna Stoll. „Durch unterschiedlichste Methoden wird versucht, den Entstehungsherd, die Wurzel, zu finden und diese zu behandeln. Hierbei kommen Produkte sowie psychologische und emotionale Intervention zum Einsatz. In Frage kommt jedes Produkt, das gegen chronische Entzündungen, gegen Oxidantien, die den Alterungsprozess begünstigende biochemische Komponenten, gegen Stress und (ganz wichtig!) gegen Unbeweglichkeit ankommt“, so die Expertin weiter.
Zum Anti-Aging unserer Haut setzt die TCM demnach vor allem auf Stressentlastung und Erleichterung. Neben effektiven Naturprodukten kommen dabei diverse Methoden zum Einsatz: „Von Akupunktur, über Massage und Gespräche, bis zu Qi Gong, Atemübungen und essentiellen Ölen ist vieles dabei. In der Literatur über den Jungbrunnen wird auch auf das Baden mit hochwertigen Pflanzen-Ölen Wert gelegt. Klassisch wurde mit Meditation, Atemübungen, Qi Gong-Übungen, Summen und Singen, wenig guter Nahrung und Wasser angestrebt, den Jahrzehnten ein Schnippchen zu schlagen. Dabei ist wie gesagt der Zustand des Geistes wichtig. Ausgeglichen fühlen wir uns jung und frisch und sind es auch. Gestresst rasen wir dem Altern entgegen.
Im Westen werden Akupunktur und Akupressur seit Jahrzehnten zum natürlichen Face-Lifting eingesetzt. Eine Form, die ich sehr empfehlen kann, ist Facial Harmony. Ebenso sehr ratsam ist eine schöne Übung, die sogenannte Hormondusche, die Sie einfach mit innerem Lächeln ausführen können.“ Wann wir uns mit diesen Tipps auseinandersetzen sollten? „Anti-Aging beginnt mit 25. Ab dem 2. Lebensjahrzehnt beginnt der Körper bereits mit dem Abbau verschiedener Zellbereiche und schraubt die Neuproduktion herunter. Besonders wenn man mit Mitte 20 in herausfordernden Berufen (wer ist das heute nicht?) ist. Eine Pflege des Jing und der Erhalt der Nierenkraft ist eine echte Investition in die zukünftige Lebenskraft und das Aussehen. Und Erhalten ist sehr viel einfacher, als neu zu generieren.“
Kleiner Tipp: Alles Wichtige zum Thema Anti-Aging aus Sicht der TCM erfahren Sie in Johanna Stolls Buch „100 Jahre jung“, das demnächst bei BoD erscheint. Bei Interesse dürfen Sie sich gerne an uns oder an unsere Expertin selbst unter willkommen@tcm-stoll.de wenden.
Unsere Expertin
Schon seit ihrem 17. Lebensjahr interessiert sich Johanna Stoll für alternative Medizin. Nach der Ausbildung an einer Münchner Heilpraktikerschule war sie zunächst bei der sozial-medizinischen Hilfsorganisation medico international tätig, bevor sie sich an der Shou Zhong Schule Berlin, der AGTCM, in der TCM weiterbildete. Seit über 20 Jahren arbeitet Johanna Stoll nun bereits nach der chinesischen Lehre; 15 Jahren praktiziert sie bereits selbständig in ihrer eigenen Praxis, seit zwei Jahren in München.
Wir hoffen, Ihnen wertvolle Tipps rund ums natürliche Anti-Aging verraten zu haben und bedanken uns sehr herzlich bei Johanna Stoll für die wertvollen Informationen. Sie haben eine Frage oder möchten nähere Details erfahren? Schreiben Sie uns gerne! Wir freuen uns über Ihr Feedback.
Ihr Terra Elements Team
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